Die Feier vom Menschen als Kugelwesen

“El festín de los Cuerpos” von Danza Mobile wurde am 18. November 2024 beim diesjährigen NO LIMITS-Festival als Gastspiel im Theater RambaZamba gezeigt. Danza Mobile wurde 1995 in Sevilla gegründet und gehört zu den wichtigsten mixed-abled Tanztheatergruppen in Europa.

Nach etwa fünfzehn Minuten teilt eine Person mit den Händen eine Orange in zwei Hälften – ein Bild für die Trennung des übermütigen Kugelmenschen, die zuvor schon thematisiert wurde. Gleichzeitig sind die Tänzer*innen durch diese Geste miteinander verbunden, bewegen sich auf verschiedenen Achsen langsam hin und her, fast wie bei einem Ritual. Ein Kugelmensch hatte dem Mythos zufolge vier Hände und Füße und zwei Gesichter mit je zwei Ohren auf einen Kopf. Manche Kugelmenschen waren männlich, andere weiblich und wiederum andere sowohl männlich als auch weiblich.

Das Ensemble formiert sich paarweise zu Kugelwesen, Foto: Michael Bause

Die Performer*innen stellen in “El festín de los Cuerpos“ solche Kugelmenschen dar, indem sie zu Beginn Rücken an Rücken mit dem Blick zum Publikum als Paare beieinanderstehen. Es gibt damit einen männlichen, einen weiblichen und einen männlich-weiblichen Kugelmenschen. Einer der Tänzer*innen trägt ein Kleid – Geschlechterfluidität ist hier ein zentrales Thema. Weil die Kugelmenschen schnell und kraftvoll waren, wollten sie laut Mythos die Götter angreifen, wurden aber von Zeus zur Strafe in zwei Hälften geteilt und sind seitdem auf der Suche nach der anderen Hälfte.

Nach einem Kostümwechsel finden sich sechs Performer*innen wie bei einem Gastmahl zusammen. Sie reichen einander Früchte wie z.B. rote Bananen zum Essen. „Warum sind wir hier?“, fragen sich zwei der Gäste. „Um zu tanzen!“ Gemeinsam tanzt ein Paar Tango, bekannt für seine Leidenschaft und Intensität. Er wird hier zum Symbol für die Kraft der nonverbalen Kommunikation und des zwischenmenschlichen Zueinanderfindens. Als würden sie im Tanz wieder zum vollständigeren Kugelmenschen werden.

Feier der Sinne, des Tanzes und der Liebe zwischen allen Geschlechtern, Foto: Michael Bause

„El festín de los Cuerpos“ fordert das Publikum heraus, Konventionen zu hinterfragen, z.B. hinsichtlich der Darstellung von Intimität, Begehren und Genderfluidität in mixed abled Ensembles. Am Ende gibt es eine Szene, in der jemand sagt, dass das Geschlecht beim Standardtanz keine Rolle spiele und sie sich einfach gegenseitig führen könnten. In diesem Moment wird deutlich, dass es hier mit dem Bild des tanzenden Kugelwesen um die Überwindung traditioneller Geschlechterrollen geht. Es geht um die Verbindung zwischen den beiden, die durch die Bewegungen und Interaktionen ihrer Körper zum Ausdruck kommt. Somit wird „El festín de los Cuerpos“, wie der Titel sagt, zu einem „Fest der Körper“, die sich begegnen und einander hingeben.