Crip Joy

Beim Betreten des Saals des Ballhaus Ost wird man von 80er-Jahre-Musik begrüßt, von einem Publikum mit guter Stimmung und einem tanzenden Christoph Owen alias Krisx auf der Bühne. Krisx ist an diesem Abend der dargestellte ‚Partner‘ und zugleich die Vertrauensperson der Hauptperson Dan Daw. Dieser stellt sich uns als „a 38 year old crip“ vor und kündigt an, dass „looking at (his) relationship to (his) cripness“ ein Thema der Performance sein wird. Ebenso wie Macht und Begehren. Er macht zu Beginn der Performance auf die zahlreichen Triggerwarnungen aufmerksam. Denn das ist es auch, um was es geht: Alles was auf der Bühne passieren wird, passiert einvernehmlich und das soll auch das Publikum wissen und für Zuschauer*innen ebenso gelten.

Auf dem Bild zu sehen sind zwei männlich gelesene Performer, welche beide zu einander gedreht stehen. Auf der linken Seite ist Krisx, eine große, braunhaarige Person, im 80’s Jahre Style gekleidet, welche in ein Mikrophone spricht, um Dan Daw Anweisungen zu geben. Dan Daw ist auf der rechten Seite des Bildes, kniet auf einem Tisch in einer Shorts und wartet auf die nächste Anweisung.
Dominieren und dominiert werden – im gegenseitigen Einvernehmen; Foto: Hugo Glendinning

In der ersten Szene wird Dan von Krisx in dominierender Weise in verschiedene Positionen auf den Boden und anschließend auf einen Tisch kommandiert. Bereits hier spürt man: Es ist eine Performance, bei der Dominanz und Unterwerfung aus einem anderen Blickwinkel betrachtet werden sollen. Dan wird dazu später sagen: „I like being in control, but I also want to be suprised. I’m a messy bitch“. Es folgen tänzerische Bewegungen von Dan und Krisx gemeinsam am Boden. Auch hier geht es um eine spielerische und zugleich auch sexuell konnotierte Aushandlung von Macht. Kleine witzige oder neckische Sprüche lockern die Stimmung immer wieder auf. Thematisch wird das Ausloten von körperlichen Grenzen, ganz speziell von denen von Dan. Dabei spürt man (s)ein Gefühl von Sicherheit. Dass er stets die Kontrolle behält, zeigt sich auch durch die Verwendung seines Safewords „Spoon“, für dessen Benutzen er sich explizit nicht entschuldigt. „I don’t feel sorry about it“, hört man mehrfach an diesem Abend.

Dan Daw in der Latex-Box; Foto: Hugo Glendinning

Dass Dan Daw trotz Abhängigkeit selbstbestimmt agiert, zeigt auch die Szene, in der er durch Luftabsaugung in einem großen Latex-Würfel ‘gefangen’ wird. Sein Kopf lugt aus dem Würfel heraus: „I have arrived. […] My body can relax. I’m not a burden. I feel sexy. I’m not sorry. I feel free.“ Der Titel des Abends ist Programm: Es ist seine Show und es geht um ihn, und dem, was ihm guttut.

Der ganze Abend war sehr intensiv, hatte für mich sowohl Schockmomente als auch emotionale Szenen wie das Finale. Hier steht Dan in einem bodenlangen, goldfarbenen Latex-Rock und einem an seinem Rücken befestigten aufblasbaren Stachel-Konstrukt im Rampenlicht und wird vom Publikum bejubelt. Gefeiert wird „crip joy“ und „joy as resistance“. Und das Wesen, das er verkörpert, erinnert an die Figuren, die er als Tattoos auf seinem Körper trägt und von denen er Krisx erzählt hat, dass sie ihm Schutz geben würden.