Abenteuerreise ins Universum der Dinge

Die Aufführung des Stücks „Dinge Dingen“ beginnt bereits morgens um 10 Uhr im FELD Theater für junges Publikum in Berlin-Schöneberg. Die Inszenierung ist für Personen ab 5 Jahren empfohlen und wird auf der Website des Theaters als eine Form des „Philosophierens über Dinge“ beschrieben. Es ist schön, dass im Raum nicht mehr als 30 Menschen Platz finden können, denn so wird gleich eine persönlich-gemütliche Atmosphäre erzeugt.

„Dinge Dingen“ umfasst mehrere Teile: Im ersten Teil bringen und/oder werfen Jan Kress, Julia Keren Turbahn und Jan Rozman die verschiedensten Dinge auf die Bühne. So ist nach ein paar Minuten die ganze Bühne voll, beispielsweise mit einer Gießkanne, einem Warnschild, einer kleine Box, einem Stuhl und einer Perücke. Doch das ist längst nicht alles. Bei ausgelassener Musik mit dem Song „Alle guten Dinge sind drei“ fangen sie an, sich zu bewegen. Das Stück wird von Jan Kress, einem der drei Darsteller*innen, in Gebärdensprache übersetzt. Auch der Song wird synchron übersetzt und das Tolle: Viele aus dem Publikum machen die Gebärdensprache mit, reagieren darauf.

Dann beginnt der zweite Teil: Wenn Julia Keren Turbahn ihre Arme durch die Lehnen eines Stuhls streckt und ihn dann auf ihrem Rücken trägt, sieht es so aus, als ob der Stuhl Arme und Beine hätte, als ob sie eins würden. Sie probiert gekonnt immer mehr Bewegungen mit dem Stuhl aus, es wirkt fast wie ein Tanz. In diesem Teil geht es auch darum, was kleine Änderungen in unserer Wahrnehmung ausmachen können. Und es wird mit den Zwecken von Dingen gespielt, indem z.B. Julia den Stuhl nicht wie gewohnt zum Sitzen nutzt, sondern mit ihm eine Performance gestaltet.

Im dritten Teil setzt sich Jan Rozman eine Perücke auf. Nun ähnelt er Julia mit ihrem Dutt, und das bringt das Publikum zum Kichern. Auch er versucht sich ebenfalls an der Stuhl-Choreografie, scheitert jedoch kläglich. Weitere Lacher aus dem Publikum. Dann ist alles dunkel, man hört: „Okay, das machen wir nochmal! Teil drei Dinge Dingen“. Jetzt versucht Jan die Dinge auf der Bühne mit Bewegungen nachzuahmen. Das erinnert an das Spiel Taboo, bei dem man ein Wort mit Bewegungen erklären muss. Es ist lustig, wenn er sich räkelt, um einen Schlauch nachzumachen. Langsam wird die Musik im Hintergrund immer peppiger und Jans nachahmende Bewegungen gehen in einen Tanz über. Auch das Licht ändert sich, ist mal rot, mal weiß, mal blau.

Auf diesem Bild sieht man Jan rechts (in gelb gekleidet) stehen. Er hält in der Hand einem grünen Schlauch, das andere Ende des Schlauchs hält Julia vor ihrem Mund. Auf der Bühne liegen viele verschiedene Dinge, man kann z.B. einen Gymnastikball, einen weißen Balkonstuhl und einen Wäscheständer erkennen. 
Gemeinsames Experimentieren mit dingenden Dingen; Foto: Philipp Weinrich

Im vierten Teil erklärt uns Julia, dass wir uns alle ähneln, und dass das eigentlich für das ganze Universum gilt. Denn wir alle bestehen (teils) aus Kohlenstoff. Obwohl alle Dinge, die auf der Bühne liegen, und auch die Menschen im Publikum so unterschiedlich sind, erklärt sie uns unsere Gemeinsamkeit und stellt eine Verbindung zwischen uns her. Die Besucher*innen werden hierbei direkt angesprochen: „Ja, auch du bestehst auch Kohlenstoff!“ Anschließend dekoriert Jan Razman die Dinge auf der Bühne minimal um, setzt beispielsweise einer Gießkanne oder einem Schwamm eine Perücke auf. Nun menscheln die Dinge.

Auf einmal ist nur noch Jan Razman auf der Bühne. Er beginnt diese aufzuräumen, indem er alle auf der Bühne versammelten Dinge auf einen Fleck räumt. Dann hebt er die darunter liegende Folie an allen Ecken an, sodass am Ende nur noch ein großes Knäuel die ganzen Dinge zusammenhält. Auch er verschwindet in dem Knäuel, und es sieht aus, als würde sich plötzlich ein riesiger Haufen Dinge selbstständig über die Bühne bewegen.

Auf diesem Bild sieht man Jan, wie er versucht, möglichst viele Dinge auf einmal zu tragen. So trägt er u.a. einem Wäscheständer, ein Warnschild, eine Folie, den Schlauch und eine schwarze Plane. Unter den Dingen lukt gerade noch sein Kopf hervor.
Mit Dingen vollbepackter Jan Rozman in „Dinge Dingen“; Foto: Nada Zgank

Das Stück endet mit einem Schattenspiel. Durch Julias Taschenlampe sehen die drei beleuchteten Gegenstände viel größer aus. Die drei Performer*innen wandern auf der Bühne entlang. Zwischen den Schatten der riesigen Flasche Wasser und der großen Gießkanne sieht es so aus, als wären sie total klein. Wie wäre es wohl, wenn die Dinge über uns stehen würden, wir nicht über sie, sondern sie über uns regierten und mit uns machen würden, was sie wollen?

Das Kinderstück „Dinge Dingen“ erzeugt Aufmerksamkeit für die großen und kleinen Dinge in unserem Alltag, für ihre Aufgaben, Bedeutungen und Materialitäten. Die Aufführung ähnelt einer kleinen Abenteuerreise mit, die dazu einlädt, ganz neue Sichtweisen auf die uns umgebenden Dinge einzunehmen. Das geht laut und lustig zu. Schließlich lässt sich über die Dinge auch gut stolpern, was einer der Darsteller*innen zwischendurch immer wieder tut. Außerdem reißt die Musik mit, ich erwische mich immer wieder dabei, mich ausgelassen mitzubewegen.

Man spürt, dass sich viele kreative und liebevolle Gedanken gemacht wurden, um das Stück für sein junges Publikum anschaulich und attraktiv zu gestalten. Man wird mitgerissen, zum Nachdenken angeregt und erfreut sich an der gemeinsam erlebten Euphorie des Publikums. „Dinge Dingen“ ist also nicht nur für junges Publikum sehr zu empfehlen!