Mit Seil und Seele: Laura Murphys Kunst der Selbstinszenierung

Kritik in einfacher Sprache

Laura Murphy erzählt in ihrem Stück „A spectacle of herself“ ihre persönliche Geschichte. Sie verbindet hierfür Akrobatik mit Video und Text. Das Stück beginnt in einer gemütlichen Atmosphäre. Die ersten Reihen sind mit Sitz-Säcken für Zuschauer*innen bedeckt. Auf der Bühne hängt ein Seil von der Decke, das schon auf die akrobatischen Momente hinweist.

Das Licht geht aus. Eine Leinwand zeigt einen Clown, der über Geburt und das Leben philosophiert. Dazu spielt dramatische Musik. In dieser Szene wird der Grundton des Stücks klar: tiefgründige Themen werden mit Humor verbunden. Murphy betritt die Bühne. Sie trägt einen weißen Jogginganzug und hat einen roten Luft-Ballon in der Hand. Sie bewegt sich zur Musik und dirigiert sie zugleich mit dem Ballon.

Laura Murphy scheinbar schwerelos am Seil, Foto: Michael Bause

Murphy klettert langsam an dem Seil hoch. Lässt sich dann teils wieder herunter. Sie bewegt sich so, dass es aussieht, als ob sie im Weltall schwebe. Im Hintergrund hört man Geräusche aus einer Raumfahrtstation. Dazu passen Ansagen über ein Funkgerät. Dann beginnt Murphy zu sprechen. Sie zitiert den Philosophen Friedrich Nietzsche: „Whenever we climb, there’s a dog that follows us called ego“ („Immer, wenn ich klettere, folgt mir ein Hund namens Ego“). Danach zählt sie Dinge auf, die sie mag. Zum Beispiel mag sie Brathähnchen, das Weltall und ihr Leben als queere Person. Im nächsten Teil erzählt sie, was sie nicht mag: zum Beispiel Toilettenpapier mit Duft. Sie mag auch nicht, dass sie manchmal abends Angst hat, alleine nach Hause zu gehen. Und dass Frauen sich oft unsicher fühlen müssen.

Sie erinnert sich an einen Vergleich. Darin heißt es: Frau sein ist wie Rad fahren auf einer Straße voller Autos. Und die Autos sind Männer. Es sei unmöglich, sich die Straßen gleichberechtigt zu teilen. Frauen würden an den Rand gedrängt und schneller stürzen. In der nächsten Szene fährt Murphy auf einem Hover-Board über die Bühne. Dabei lippensynchronisiert sie ein Text von Elon Musk. Es geht um selbstfahrende Autos von Tesla. Murphy macht sich damit über seine Performance von Männlichkeit lustig. Außer dass Murphy und Musk beide Formen von Autismus haben, verbindet sie rein gar nichts.

Mit dem Kopf voll gegen das Mikro, Foto: Michael Bause

Dann folgt ein starker Moment: Murphy trägt einen Karton auf dem Kopf. Es ist die Verpackung vom Ballon vom Anfang. Sie steht vor einem Mikrofon. Während das Lied „I will always love you“ läuft, schlägt sie mit dem Karton auf den Mikrofonständer. Der Ständer fällt um, aber Murphy schlägt weiter darauf ein. Diese Szene wirkt ungelenk, aber auch befreiend. Später spielt Murphy noch eine alte Coca-Cola-Werbung nach. In der Werbung schauen Frauen auf einen Mann, der sich eine Coca-Cola gönnt. Murphy trägt Jeans, ein Tanktop und einen Putzlappen in der Tasche. Sie trinkt Cola und tanzt das Seil hoch. Zwischendurch reibt sie das Seil zweideutig. Eine Szene, mit der Murphy wieder Männlichkeit parodiert.

In ihrem Stück spricht Laura Murphy über ihre Erfahrungen als queere Person. Sie erzählt von Angst, Identität und dem Kampf um Gleichberechtigung. Sie verbindet ihre persönliche Geschichte mit Akrobatik und feministischer Theorie. „A spectacle of herself“ in der Regie von Ursula Martinez ist mutig, laut und bewegend. Murphy nutzt ihren Körper, ihre Stimme und ihren Humor, um wichtige Themen zu vermitteln. Es ist ein Erlebnis, das man so schnell nicht vergisst.